Hinweisgeberschutz – Die Rolle des Betriebsrats beim Hinweisgeberschutzgesetz Teil 3

In Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie (RL (EU) 2019/1937) zum Schutz von Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit beobachtete Verstöße melden, ist am 02. Juli 2023 das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft getreten (BGBl. 2023 I Nr. 140 vom 02.06.2023).

Lesen Sie Teil 1 unseres Blog-Beitrags zu den Informations-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates bei Einführung eines Hinweisgeberschutzsystems, Teil 2 zur Rolle des Betriebsrates bei der personellen Besetzung der internen Meldestelle. Lesen Sie in Teil 4 zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung und werfen Sie einen Blick auf unsere Checkliste zu den Beteiligungsrechten des Betriebsrates.

Was hat der Betriebsrat jetzt zu tun?

Die Einführung von, insbesondere IT-gestützten, Meldesystemen ist grundsätzlich wohl mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 BetrVG). Über digitale Tools können hinweisgebende Personen Meldungen abgeben und mit der internen Meldestelle kommunizieren. Der Betriebsrat hat bei der Einführung und Implementierung eines solchen Meldesystems die Aufgabe, die Interessen und Rechte der Arbeitnehmer zu wahren.

Datenschutzschutzfolgenabschätzung vor dem Hintergrund des Hinweisgeberschutzsystems

Der Betriebsrat hat deshalb im Vorfeld der Einführung, u.a. mit zu entscheiden, ob eine Datenschutzfolgenabschätzung nach Art. 35 DSGVO erforderlich ist, da durch die Nutzung des Meldesystems personenbezogene Daten verarbeitet werden. Wird eine Datenschutzfolgenabschätzung nach Art. 35 DSGVO von Arbeitgeber und Betriebsrat für erforderlich gehalten, ist zu prüfen, ob ein Risiko für die Rechte und Freiheiten der Arbeitnehmer besteht.

Betriebsrat sorgt für Ausgleich von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen

Gleichzeitig ist es jedoch auch Aufgabe des Betriebsrates sicherzustellen, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Einrichtung einer internen Meldestelle nachkommen kann. Aufgrund dessen hat die Einführung, die Wahl des konkreten Meldekanals (u.a. Hotline, E-Mail, IT-gestütztes Meldesystem), die Wahl des den z.B. IT-gestützten Meldekanal anbietenden Dienstleisters, die Ausgestaltung von internen Vorgaben zur Bearbeitung und zum Umgang mit Meldungen in enger Abstimmung und mit Zustimmung des Betriebsrates zu erfolgen. Der Betriebsrat ist vom Arbeitgeber nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen, sondern eng in den Abstimmungsprozess sowie die Überlegungen miteinzubeziehen.

Betriebsvereinbarungen auf den neusten Stand bringen!

Im Zuge der Einführung und konkreten Ausgestaltung eines Hinweisgeberschutzsystems haben Arbeitgeber und Betriebsrat deshalb ihre in der Regel bereits bestehenden Rahmenbetriebsvereinbarungen zur Nutzung von IT bzw. digitaler Systeme zu überarbeiten. Solche Rahmenbetriebsvereinbarungen sind insbesondere bei Themen der IT oft bereits veraltet und dürften sowohl technisch wie rechtlich, insbesondere datenschutzrechtlich, regelmäßig nicht mehr auf dem neusten Stand sein. Zudem dürfte es nicht selten sein, dass in Unternehmen digitale Systeme genutzt werden, für die es noch keine Regelungen in einer Betriebsvereinbarung gibt.

Betriebsvereinbarung zur Einführung des Hinweisgeberschutzsystems

Zur Einführung des Hinweisgeberschutzsystems empfiehlt sich zudem in der Regel auch der Abschluss einer separaten Betriebsvereinbarung, die auf die Eigenheiten eines solchen Hinweisgeberschutzsystems eingeht. Denn wie in Teil 1 unseres Blog-Beitrags zu den Informations-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates bei Einführung eines Hinweisgeberschutzsystems dargestellt, kann man annehmen, dass insbesondere IT-gestützte Meldesysteme, technische Einrichtungen sind, die zumindest mittelbar der Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Arbeitnehmer dienen. Aufgrund dessen ist es umso wichtiger, dass der Betriebsrat in der Betriebsvereinbarung sicherstellt, dass die schutzwürdigen Interessen der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt und geschützt sind.

Personelle Fragestellungen bei Verhandlungen über Betriebsvereinbarung

Der Zustimmung des Betriebsrates kommt auch eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die personelle Besetzung der internen Meldestelle zu. Lesen Sie Teil 2 unseres Blog-Beitrags zu den personellen und mitbestimmungsrechtlichen Fragen, die sich bei der Besetzung der internen Meldestelle stellen. Es empfiehlt sich, die Personalfragen im Rahmen der Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zur Einrichtung der internen Meldestelle zu klären und das Verfahren nach § 99 BetrVG mit dem Abschluss der Betriebsvereinbarung zu verbinden.

Schulungsmaßnahmen im Zuge der Einrichtung des Hinweisgeberschutzsystems

Arbeitgeber haben nicht nur sicherzustellen, dass die mit den Aufgaben der internen Meldestelle betrauten Personen über die zur ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung notwendige Fachkunde verfügen (§ 15 Abs. 2 HinSchG), sondern auch alle übrigen Arbeitnehmer über die Einrichtung und Art und Weise der Nutzung der internen Meldestelle zu unterrichten, um die erfolgreiche Abgabe von Meldungen zu ermöglichen. Im Zuge der Einführung des Hinweisgeberschutzsystems wird es folglich in der Regel erforderlich sein entsprechende Schulungsmaßnahmen anzubieten.

Innerbetriebliche vs. außerbetriebliche Schulungsmaßnahmen

Hinsichtlich erforderlicher Schulungsmaßnahmen, die aufgrund der Einrichtung und des Betriebs einer internen Meldestelle erforderlich werden, ist auch wieder der Betriebsrat zu beteiligen (§§ 96 ff. BetrVG).

Bei außerbetrieblichen Schulungsmaßnahmen (§ 96, § 97 BetrVG) steht dem Betriebsrat ein Recht auf Unterrichtung, Anhörung und Beratung sowie ein Vorschlagsrechte, allerdings kein Mitbestimmungsrecht zu. Ein Mitbestimmungsrecht räumt das BetrVG dem Betriebsrat nur bei innerbetrieblichen Schulungsmaßnahmen ein. In diesem Fall kann der Betriebsrat die vom Arbeitgeber mit der Durchführung der Schulung beauftragte Person z.B. auch „ablehnen“, wenn diese offensichtlich nicht die dafür erforderliche fachliche oder persönliche Eignung besitzt.

Daneben sollte der Arbeitgeber allen Arbeitnehmern klare und leicht zugängliche Informationen zum unternehmensinternen Hinweisgebersystem, z.B. über das Intranet oder Aushänge, zur Verfügung stellen.

Lesen Sie in unserem Teil 4, ob örtlicher Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat für eine Betriebsvereinbarung zuständig sind und prüfen Sie anhand unserer Checkliste, ob Sie die Beteiligungsrechte des Betriebsrates im Blick haben.

18.09.2023

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Hinweisgeberschutz – Die Rolle des Betriebsrats beim Hinweisgeberschutzgesetz Teil 4

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Hinweisgeberschutz – auch ohne Gesetz bereits Pflicht für Geschäftsführer und Vorstände?