Hinweisgeberschutz – Die Rolle des Betriebsrats beim Hinweisgeberschutzgesetz Teil 4

In Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie (RL (EU) 2019/1937) zum Schutz von Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit beobachtete Verstöße melden, ist am 02. Juli 2023 das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft getreten (BGBl. 2023 I Nr. 140 vom 02.06.2023).

Lesen Sie Teil 1 unseres Blog-Beitrags zu den Informations-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates bei Einführung eines Hinweisgeberschutzsystems, Teil 2 zur Rolle des Betriebsrates bei der personellen Besetzung der internen Meldestelle und in unserem Teil 3, was der Betriebsrat bei der praktischen Umsetzung seiner Beteiligungsrechte zu beachten hat.

Wer ist zuständig? Örtlicher Betriebsrat vs. Gesamtbetriebsrat

Grundsätzlich ist jeweils der örtliche Betriebsrat für die Verhandlung und den Abschluss von Betriebsvereinbarungen im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung einer internen Compliance-Stelle zuständig. Soll jedoch in allen Betrieben eines Unternehmens ein einheitliches, standardisiertes Meldesystem zentral eingerichtet und betrieben werden, liegt die Zuständigkeit beim Gesamtbetriebsrat (bzw. in Konzernen beim Konzernbetriebsrat) (§ 50, § 58 BetrVG). Diese Sichtweise bestätigte erst kürzlich das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung über die unternehmenseinheitliche Einführung und Nutzung von Microsoft Office 365 (vgl. BAG, Beschluss vom 08. März 2022, Az.: 1 ABR 20/21).

Vorsorgliche Beschlüsse zur Übertragung der Zuständigkeit auf den Gesamtbetriebsrat

Aufgrund einer noch ausstehenden höchstrichterlichen Entscheidung im konkreten Fall der einheitlichen Einführung eines Hinweisgeberschutzsystems, ist den Gesamtbetriebsräten zu empfehlen, die örtlichen Betriebsräte (bzw. im Konzern der Gesamtbetriebsrat) vorsorglich um entsprechende Beschlüsse zu ersuchen, die dem Gesamtbetriebsrat (bzw. im Konzern dem Konzernbetriebsrat) die Zuständigkeit betreffend die einheitliche Einführung des Hinweisgeberschutzsystems übertragen.

Checkliste: Welche Beteiligungsrechte hat der Betriebsrat?

1. Frühzeitige Unterrichtung und Einbeziehung des Betriebsrates in die Entscheidungsfindung (§ 80 BetrVG).

2. Erarbeitung der konkreten Vorgaben zur Ausgestaltung der internen Meldestelle, Wahl des konkreten Meldekanals und des den Meldekanal anbietenden Dienstleisters in Abstimmung und Zustimmung mit dem Betriebsrat (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 und eventuell Nr. 6 BetrVG).

3. Alte Betriebsvereinbarungen zur Nutzung von IT- und digitalen Systemen und Verarbeitung von Daten prüfen, überarbeiten bzw. neue Betriebsvereinbarungen mit den unter 2. Erarbeiteten Vorgaben aufsetzen.

4. Bei Besetzung der internen Meldestelle prüfen, ob es sich um eine mitbestimmungspflichtige Neueinstellung, Versetzung oder bloße mitbestimmungsfreie „Aufgabenerweiterung“ handelt (§ 99 BetrVG)

5. Innerbetriebliche Schulungen, ob für die mit den Aufgaben der internen Meldestelle betrauten Personen oder generell Schulungen für alle Arbeitnehmer, sind mitbestimmungspflichtig (§ 96, § 97 BetrVG); bei außerbetrieblichen Schulungen besteht nur ein Unterrichtungs- und Vorschlagsrecht.

25.09.2023

Zurück
Zurück

Neue Rechtsform: GmbH mit gebundenem Vermögen (GmbH-gebV) – nützlich oder nicht?

Weiter
Weiter

Hinweisgeberschutz – Die Rolle des Betriebsrats beim Hinweisgeberschutzgesetz Teil 3