Übersicht: Der verschmelzungsrechtliche Squeeze out

Was bringt die Verschmelzung meinem Unternehmen?

Die Verschmelzung ist ein Instrument zur Umstrukturierung eines Unternehmens. Es gibt viele Gründe für die Umstrukturierung eines Unternehmens. Es gibt auch genauso viele Möglichkeiten eine solche Umstrukturierung durchzuführen. Will man im Rahmen dieser Umstrukturierung dann auch noch Minderheitsaktionäre aus dem Unternehmen verabschieden, so denkt man nicht selten über den Squeeze out nach. Rechtlich lässt sich dies unter anderem durch einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze out erreichen.

Aus rechtlicher Perspektive werden Umstrukturierungen entweder nach den Regelungen des Umwandlungsgesetzes (UmwG) oder im Wege der Übertragung der einzelnen Vermögensgegenstände auf ein anderes Unternehmen, d.h. auf einen anderen Rechtsträger (asset deal) durchgeführt.

Umwandlungsgesetz: 4 Möglichkeiten zur Umstrukturierung

Das Umwandlungsgesetz sieht grundsätzlich vier verschiedene Möglichkeiten vor, ein Unternehmen umzustrukturieren: Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und Formwechsel. In diesem Beitrag soll lediglich die Möglichkeit der Verschmelzung sowie die Möglichkeit eines hiermit verbundenen Squeeze outs näher beleuchtet werden. Squeeze out ist die Möglichkeit eines Mehrheitsaktionärs, der eine Beteiligung von mindestens 90% an einem Rechtsträger hält, die Minderheitsaktionäre mittels eines Squeeze outs aus dem Unternehmen “zu drängen”.

Verschmelzung im Sinne des UmwG

Die Verschmelzung ist die Zusammenführung (sog. Fusion) zweier Rechtsträger. Die Verschmelzung hat die automatische Auflösung des übertragenden Rechtsträgers ohne dessen Abwicklung gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger für die ursprünglichen Anteilinhaber oder Mitglieder des übertragenen Rechtsträgers zur Folge. Es handelt sich also um eine besondere Form der Unternehmensübertragung.

Vorteile einer Verschmelzung

Umstrukturierungen werden nicht grundlos durchgeführt, sondern um bestimmte Ziele erreichen zu können. Insbesondere bei konzerninternen Umstrukturierungen können durch die Möglichkeit der Verschmelzung Konzernstrukturen einfacher an neue Erfordernisse und Herausforderungen angepasst werden. Die durch die Verschmelzung erreichte rechtliche Einheit erleichtert die Implementierung einheitlicher Regelungen. Zudem lassen sich als rechtliche Einheit auch Synergieeffekte besser nutzen und eine höhere Marktmacht erreichen. Durch die Gesamtrechtsnachfolge gehen ohne weitere Handlung alle Rechte, Pflichten und Verträge automatisch auf den übernehmenden Rechtsträger über. Die Erleichterungen spürt man insbesondere beim sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, der bei der Gesamtrechtsnachfolge nicht bzw. nur eingeschränkt zur Anwendung gelangt (d.h. eine allumfassende, abschließende einzelne Auflistung aller Vermögensgegenstände ist nicht erforderlich)

Zudem kann die Verschmelzung auch in den Fällen sinnvoll erscheinen, in denen der übertragende Rechtsträger sonst (zeitlich) aufwendig aufgelöst und liquidiert werden müsste. Auch steuerlich sollten sich bei der Verschmelzung Vorteile ergeben. Hierzu zählt, u.a. die Möglichkeit, Verlustvorträge durch den übernehmenden Rechtsträger zu nutzen.

Gesamtrechtsnachfolge bei der Verschmelzung

Der elementare Unterschied zwischen Vermögensübertragungen (der einzelnen Vermögensgegenstände) und Umstrukturierungen nach dem Umwandlungsgesetz ist, dass eine Umwandlung nach dem UmwG dem Prinzip der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge folgt. Das bedeutet, dass alle von der Umwandlung erfassten Vermögensgegenstände mit Wirksamwerden der Umwandlung auf den anderen Rechtsträger übergehen, ohne dass – wie bei der Einzelrechtsübertragung – jeder zu übertragende Vermögensgegenstand einzeln aufgelistet und übereignet werden muss.

Möglichkeiten der Verschmelzung

Es gibt zwei Möglichkeiten eine Verschmelzung durchzuführen. In beiden Fällen wird der übertragende Rechtsträger aufgelöst, und zwar ohne Abwicklung. Dies erspart eine häufig langwierige und aufwendige Liquidation des übertragenden Rechtsträgers.

Der übertragende Rechtsträger geht mit allen Rechten und Pflichten im übernehmenden Rechtsträger auf. In der Folge existiert der übertragende Rechtsträger unmittelbar nach Vollzug der Verschmelzung als solcher nicht mehr. Der übernehmende Rechtsträger wird zudem dadurch zum Rechtsnachfolger des übertragenden Rechtsträgers (vgl. Ausführungen zur Gesamtrechtsnachfolge).

Möglichkeit 1: Verschmelzung zur Neugründung

Mit der Verschmelzung zur Neugründung wird ein neuer Rechtsträger gegründet und das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers auf die neu gegründete Gesellschaft übertragen. Im Rahmen der Neugründung wird der übertragende Rechtsträger – weitgehend ähnlich, wie bei einer Sachgründung – in die neu gegründete Gesellschaft eingebracht. Die Sachgründung ist eine Alternative zur Bargründung und erfordert anstatt der „Einbringung“ bzw. Zahlung von Bargeld gegen Übernahme der entsprechenden Anzahl an Anteilen, die Einbringung einer “Sache”, d.h. des übertragenden Rechtsträgers. Der übertragende Rechtsträger ist eine Vermögensmasse, die gemessen an ihrem Wert einer bestimmten Anzahl an Anteilen entspricht.

Möglichkeit 2: Verschmelzung zur Aufnahme

Bei der Verschmelzung zur Aufnahme existiert der übernehmende Rechtsträger bereits und muss nicht erst im Rahmen der Verschmelzung neu gegründet werden. Genauso wie bei der Verschmelzung zur Neugründung wird auch hier das gesamte Vermögen des übertragenden Rechtsträgers inklusive aller Rechte und Pflichten in den übernehmenden Rechtsträger eingebracht. Anders als bei der Verschmelzung zur Neugründung stellt dieser Vorgang keine Sachgründung dar, sondern ähnelt einer Sachkapitalerhöhung. Sachkapitalerhöhung ist das Äquivalent zur Sachgründung, wenn die Gesellschaft bereits gegründet wurde und nun im späteren Verlauf das Stamm- bzw. Grundkapital erhöht.

Verschmelzung in Abgrenzung zum Unternehmenskauf

Der Unternehmensverkauf ist die Übertragung einzelner Vermögensgegenstände (asset deal) oder Anteile (share deal), nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, sondern per Kaufvertrag im Wege der Einzelrechtsnachfolge gegen die Zahlung eines bestimmten Kaufpreises. Währenddessen ist die Verschmelzung ein reiner Organisationsakt nach dem UmwG, der anstatt der Zahlung eines Kaufpreises die Gewährung von Anteilen ermöglicht. Zudem erfolgt die Verschmelzung per Gesamtrechtsnachfolge und mit der Verschmelzung wird der übertragende Rechtsträger ohne Liquidationsverfahren automatisch aufgelöst.

Rechtsfolgen einer Verschmelzung

Der übernehmende Rechtsträger ist infolge der Verschmelzung Rechtsnachfolger des übertragenden Rechtsträgers. Folge hiervon ist, dass der übernehmende Rechtsträger in sämtliche Rechte und Pflichten und auch Verträge des übertragenden Rechtsträgers eintritt. Verträge zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger erlöschen im Rahmen der Verschmelzung im Wege der Konfusion. Mitbestimmungsrechtlich ist nach einer Verschmelzung zu beachten, dass infolge der Verschmelzung die Arbeitnehmer des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers im Rahmen des Mitbestimmungsrechts zusammengerechnet werden.

Die im Fokus stehende Rechtsfolge ist jedoch die Gewährung von Anteilen an die ursprünglichen Anteilsinhaber (des übertragenden Rechtsträgers) am übertragenden Rechtsträger (§ 2 UmwG).

Lediglich ausnahmsweise können anstatt der Anteilsgewährung Barabfindungen (§§ 29 ff. UmwG) oder neben der Anteilsgewährung auch bare Zuzahlungen (§ 15 UmwG) geleistet werden. Entscheidet man sich für bare Zuzahlungen dürfen diese jedoch nur zusätzlich zur Anteilsgewährung erfolgen. Barabfindungen sind, sofern die Voraussetzungen für ihre Zahlung vorliegen, ein vollständiger Ersatz zur Anteilsgewährung.

Einzelne Schritte bei der Verschmelzung

1. Die Verschmelzung an sich macht – im Vergleich zum verschmelzungsrechtlichen Squeeze out – keine Beschränkung bei der Rechtsform von übernehmenden und übertragenden Rechtsträger.

Der übertragende und der übernehmende Rechtsträger schließen einen notariell zu beurkundenden Verschmelzungsvertrag. Der Verschmelzungsvertrag beziehungsweise der Entwurf sind spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, in dem der Verschmelzungsbeschluss gefasst wird, dem Betriebsrat der beiden Rechtsträger vorzulegen.

2. Die Gesellschafter des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers fassen einen Verschmelzungsbeschluss betr. Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag. Wie der Verschmelzungsvertrag ist auch dieser Beschluss notariell zu beurkunden.

3. Grundsätzlich ist ein Verschmelzungsbericht zu erstellen, der durch den Verschmelzungsprüfer einer Prüfung zu unterziehen ist. Allerdings kann in einigen Fällen auf die Erstellung eines Verschmelzungsberichts samt -prüfung verzichtet werden, sofern alle Gesellschafter des jeweiligen Rechtsträgers zustimmen. Die Verzichtserklärungen sind notariell zu beurkunden. Zudem kann auch dann auf einen Verschmelzungsbericht verzichtet werden, wenn der jeweilige Rechtsträger nur einen einzigen Anteilsinhaber hat.

4. Anmeldung und Eintragung: Die Verschmelzung wird zum Handelsregister beider Gesellschaften angemeldet und dort auch eingetragen. Der Anmeldung ist zudem eine Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers beizufügen, welche nicht älter als 8 Monate sein darf. Wesentlich ist der Zeitraum zwischen dem Stichtag der Bilanz und dem Tag der Einreichung der Handelsregisteranmeldung.

5. Die Verschmelzung wird im Register des übernehmenden Rechtsträgers durch Eintragung wirksam.

Verschmelzungsrechtlicher Squeeze Out § 62 Abs. 5 UmwG

Neben dem verschmelzungsrechtlichen Squeeze out gibt es zudem den aktienrechtlichen und den übernahmerechtlichen Squeeze out. Beim verschmelzungsrechtlichen Squeeze out muss die Rechtsform des Hauptaktionärs als auch die Rechtsform der Zielgesellschaft allerdings eine AG, KGaA oder eine SE (Europäische AG) sein. Ist der Rechtsträger keine AG, KGaA oder SE kann dieser im Rahmen des Formwechsels zu einer AG, KGaA oder SE “werden”. Der Formwechsel zum Zwecke des Squeeze outs ist zudem wohl auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Anders als beim übernahmerechtlichen und aktienrechtlichen Squeeze out (§§ 39a bis c WpÜG bzw. 327a AktG) genügt eine Mehrheit von 90% (anstatt 95%) des Grundkapitals. Es muss sich hierbei um eine direkte Beteiligung handeln. Die Durchführung des Squeeze outs muss zudem innerhalb von drei Monaten nach dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags erfolgen, d.h. der entsprechende Squeeze out Beschluss in der HV gefasst werden (im Sinne von § 327a Absatz 1 Satz 1 AktG). Die Abfindung ist eine Barabfindung und muss, wie beim aktienrechtlichen Squeeze out seiner Höhe nach angemessen sein. Die Angemessenheit richtet sich unter anderem am Unternehmenswert. Der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf müssen den Aktionären nach § 327c Abs. 3 AktG zur Einsicht ausgelegt werden. Zu beachten ist zudem, dass die Eintragung des Squeeze outs mit dem Vermerk zu versehen ist, dass der Squeeze out erst mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers wirksam wird. Aktionäre können im Rahmen eines Spruchverfahrens oder einer Anfechtungsklage auch nicht den Squeeze out Beschluss an sich anfechten, sondern nur die Höhe der Barabfindung.

 

22.11.2023

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